Geothermische Wässer enthalten auch nach dem Durchlaufen des Kraftwerksprozess noch große Mengen Wärmeenergie. Typische Reinjektionstemperaturen liegen zum Beispiel im Oberrheinraben bei etwa 60°C bis nahezu 80°C. Einer Effizienzsteigerung der Energieproduktion durch eine weitere Absenkung der Reinjektionstemperatur stehen jedoch hydro-geochemische Randbedingungen entgegen. Hoch mineralisierte Thermalwässer tendieren mit größer werdenden Differenztemperatur zwischen Produktion und Injektion verstärkt zu unkontrollierten Mineralausfällungen (Scalings). Dies gilt auch für eine stärkere Druckentlastung. Scaling sind ein stark limitierender Faktor für den effizienten und kontinuierlichen Betrieb von Geothermieanlagen. Eine typischerweise komplexe und standortspezifische Thermalwasserchemie erschwert die Vorhersage ihres Auftretens. Deterministische geochemische Modelle, die typischer Weise dazu genutzt werden, sind starke Vereinfachungen der Realität und können immer nur einen kleinen Ausschnitt des gesamten chemischen Systems darstellen. Große Unsicherheiten bei der Quantifizierung von Ausfällungen sind die Folge. Im MALEG Projekt wird ein neuer Ansatz erarbeitet, in dem geochemische Modelle durch eine künstliche Intelligenz ergänzt werden, um so die Gesamtheit des chemischen Systems besser abbilden zu können. Das KI-Tool wird hierzu mit experimentellen hydro-geochemischen Daten trainiert, welche mittels Kraftwerks-Zwillings, vor Ort am laufenden Kraftwerk erhoben werden.
Hierfür wird ein Hardware-Zwilling im Demonstratormaßstab gebaut, der in der Lage ist, die Prozesse in einer Geothermieanlage vollständig abzubilden. Der Demonstrator wird lokal, per Bypass, mit der Geothermieanlage verbunden und als Feldlabor für hydrogeochemische Ausfällungsexperimente und Entgasungsprozesse betrieben. Dabei werden die Betriebsparameter des Kraftwerks abgefahren und bis zu Extremwerten variiert. Ein engmaschiges Fluid- und Feststoffmonitoring begleitet die Experimente zur Evaluierung möglicher Ausfällung von Mineralen und Entgasung von nichtkondensierbaren Gasen. Änderungen der Systemparameter, wie der Temperatur, des pH-Wertes, des Druckes oder der Ionenkonzentration, provozieren die Bildung potenzieller Mineralphasen. Experimente an mindestens drei verschiedenen Geothermieanlagen in unterschiedlichen geologischen Settings und Reservoiren sind geplant. Dadurch wird ein umfangreicher, ausreichend diverser hydro-geochemischer Datensatz geschaffen, welcher die Basis für das KI-Vorhersagetool „MALEG“ bildet. Die Vorhersagen von MALEG werden mit einem digitalen Zwilling, bestehend aus einer geochemischen Modellierungsumgebung, validiert. Die präzisere Vorhersage der Thermalwasserchemie und des Potenzials für mineralische Ausfällungen ermöglichen eine gezielte und auf den Standort zugeschnittene Optimierung der Betriebsparameter. Diese Ergebnisse können dann in einem weiteren Schritt benutzt werden, um eine Effizienzsteigerung per Kaskadennutzung oder die Integration von Prozessen zur Mineralienextraktion zu designen oder sie sind Grundlage zur Planung von routinemäßigen Monitoringprogrammen und Wartungsintervallen.